Gesunde Alternative in Sicht
Sendung Umweltmagazin, WDR, 27.11.2001
Originalbeitrag: http://www.wdr.de/tv/dschungel/beitrag.phtml?id=254&count=1&no=1
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"Luftwurm" gegen Antennenwälder
Autor: Thomas Kamp
Für riesige Summen ersteigerten
sich im letzten Jahr
Telekommunikationsunternehmen in
ganz Europa Lizenzen für den neuen
UMTS-Mobilfunkstandard. Im Gegensatz
zu herkömmlichen D-Netz- oder
E-Netz-Handys ist mit UMTS die schnelle
Übertragung von Texten, Tönen und
Bildern auf mobile Endgeräte
möglich.
Das ist die positive Seite. Die negative
ist: Für den Ausbau eines
flächendeckenden UMTS-Mobilfunknetzes
müßten die Betreiber in Deutschland
nach ersten Schätzungen rund
40.000 neue Sendeanlagen errichten. Zusätzlich
zu den bestehenden. Das bedeutet,
die Belastungen durch elektromagnetische
Felder werden steigen.
Noch fehlen zwar eindeutige wissenschaftliche
Beweise, die uns klar
aufzeigen, dass elektromagnetische
Felder die Gesundheit gefährden. Doch die
Stadt Köln beispielsweise hat
Mitte diesen Jahres entschieden, aus Gründen
des vorsorglichen Gesundheitsschutzes
UMTS-Sendeanlagen zu verbieten, und
zwar auf Kindergärten, Schulen
und Krankenhäusern. Doch welche Alternative
gäbe es, um den UMTS-Antennenwald
aus 40.000 Anlagen zu lichten? Ein
möglicher Ausweg führt
uns in sehr große Höhen...
Der Bedarf für an neuen Mobilfunkstationen
ist riesig: Das neue UMTS-Netz
soll selbst Bewegt-Bilder aufs Handy
schicken und schnelle, mobile
Internetverbindungen ermöglichen.
Doch benötigt UMTS dafür in Ballungsräumen
etwa alle 500 Meter eine Antenne,
das sind vier pro Quadratkilometer. Das
bedeutet: Immer ist die nächste
Elektrosmog-Quelle nur wenige Meter
entfernt.
Eine Alternative sind Mobilfunkumsetzer
an Bord von
"Stratosphären-Luftschiffen".
Schon in wenigen Jahren könnten sie große
Datenströme senden und empfangen,
Bilder in bester Qualität oder
Internetdateien mit hoher Geschwindigkeit
- aus 20.000 Metern Höhe. Schon
eine fliegende Mobilfunkstation
deckt mehrere tausend Quadratkilometer ab,
und macht damit unzählige Sendemasten
am Boden überflüssig.
Darüber hinaus sinkt die Strahlungsbelastung:
Denn zwanzig Kilometer statt
500 Meter, das bedeutet einen 40.000
mal größeren Abstand zwischen
Sendeantennen und Mensch. Und je
größer der Abstand, desto weniger
Elektrosmog. Die Alternative am
Himmel hat aber noch eine Überraschung
parat, so Prof. Bernd Kröplin,
Direktor des Instuts für Luft- und
Raumfahrtkonstruktionen der Universität
Stuttgart: "Beim Kostenvergleich
sieht es frappierend aus, denn die
Bodeninfrastruktur, die Sendemasten, die
jetzt geplant sind, die kosten relativ
viel Geld. Mit Luftschiffen können
wir mindestens um den Faktor 100
billiger sein als solche
Bodeninfrastruktur, sowohl in der
Investition als auch bei den
Betriebskosten."
Die Luftschiffe von Prof. Kröplin
haben nicht viel mit den alten Zeppelinen
zu tun, sondern nutzen High-Tec
am Himmel. Mit Hilfe von GPS-Satelliten wird
ständig die Position der unbemannten
Luftschiffe überprüft, um sie auf den
richtigen Kurs zu halten. Das ist
gar nicht einfach: Messungen mit
Stratosphärenballons haben
gezeigt, dass in zwanzig Kilometern Höhe extreme
Strahlungs-, Temperatur- und Windverhältnisse
herrschen. Höhenwinde von 150
Stundenkilometern machen den Luftschiffen
ganz schön zu schaffen. Doch
starke Elektromotoren sorgen für
den nötigen Schub, damit die Luftschiffe
nicht abdriften.
Nicht nur die Navigation, auch das
Antriebskonzept ist hochmodern, extrem
umweltfreundlich und es gehört
zu den saubersten der Welt: Am Tag liefern
Solarzellen die Energie für
Sende-Elektronik und Elektromotoren. Mit dem
vorhandenen Reststrom wird durch
Elektrolyse aus Wasser Sauerstoff und
Wasserstoff erzeugt. Die beiden
Gase werden in Tanks gelagert. Nachts sind
sie der Treibstoff für eine
Brennstoffzelle, die aus Wasserstoff und
Sauerstoff wieder Strom erzeugt.
Übrig bleibt Wasser. Also ein geschlossener
Kreislauf.
Zu Wartungszwecken kann das 250 Meter
lange Luftschiff auch wieder landen.
Ersatz-Luftschiffe sorgen dann für
einen unterbrechungsfreien Funkbetrieb.
Ein ausgeklügeltes System mit
Zukunft? Prof. Bernd Kröplin meint ja. "Wir
wissen im Prinzip, dass die Technologie
funktioniert. Wir wollen jetzt die
nächsten anderthalb Jahre einen
"proof of concept" machen, also genauer die
markttechnischen Möglichkeiten
und die technischen Möglichkeiten ergründen,
und dann werden wir pro Jahr mindestens
zehn solcher Stationen produzieren."
Das wird ungefähr im Jahre 2009
sein. Bis dahin werden die Luftschiffe am
Institut für Statik und Dynamik
der Luft- und Raumfahrt-Konstruktionen in
Stuttgart den neuesten Erkenntnissen
angepasst. Das neueste und 23 Meter
lange Modell von Professor Kröplin
trägt den Namen "Airworm" - Luftwurm. Ein
Wurm gegen Antennenwälder und
Elektrosmog.
Weitere Informationen hierzu: http://www.isd.uni-stuttgart.de
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