Vegesack: Baustopp am Funkmast
Aus: Weser-Kurier, 15.12.2001
Vegesack. Punkt 1: Nach dem Willen
des Vegesacker Beirats darf am umkämpften Sendemast in Aumund-Hammersbeck
zunächst nicht weiter gebaut werden. Punkt 2: Im Januar will der Beirat
zu einer Sondersitzung einladen, um gemeinsam mit Bürgern und Experten
über das künftige Antennen-Netz in Vegesack zu sprechen. Beratungsbedarf,
das zeigte die jetzige Sitzung, gibt es reichlich.
Zunächst übergaben die
Hammersbecker Mobilfunk-Gegner ein Bündel mit genau 918 Unterschriften
an Ortsamtsleiter Reiner Kammeyer. Sie machten damit noch einmal deutlich,
dass sie sich strikt gegen 47-Mast in ihrer Nachbarschaft wenden. Auch
der Umstand, dass es über das umstrittene Bauvorhaben so gut wie keine
Informationen gibt, ärgerte einen Anwesenden: „Das sieht so aus, als
wenn wir Krieg führen gegen einen Gegner, den wir nicht kennen.“ Mit
den Beschlüssen zum Baustopp und der geplanten Sondersitzung, deren
genauer Termin nach dem Jahreswechsel festgelegt werden soll, entsprach
der Beirat den Wünschen der Bürger.
Danach aber wurde es kompliziert.
Stadtplaner Thomas Lecke-Lopatta versuchte, in einem einstündigen
Vortrag einen Weg durch den Dschungel an Richtlinien beim Aufbau von Sendemasten
und Antennen zu weisen. 400 Antennenstandorte mit rund 1000 Antennen müssen
bis zum Frühjahr in Bremen gefunden werden.
Dabei hat die Behörde schon
ausgeguckt, wo ihr die Funkmasten am liebsten wären: Optimale Bereiche
seien Industrie- und Gewerbegebiete, Kasernen oder SupermarktDächer.
Unproblematisch sind aus Amtssicht auch Grünflächen, Kleingärten,
Sportanlagen, Krankenhäuser, weil sich dort die Menschen nicht permanent
aufhielten. Als sensibel werden demzufolge Schulen, Kindergärten,
reine und allgemeine Wohngebiete angesehen.
Problematisch sei dabei, dass die
Mobilfunk-Antennen vom Gesetzgeber als privilegiert angesehen werden, das
heißt, sie zählen wie Telefonzellen und Kanäle zur Grundversorgung.
Und es gibt damit auch keine Grundlage, die Antennen zu verhindern, wenn
sie ein technisches Zertifikat besitzen. Dabei unterscheidet Lecke-Lopatta
zwischen den Sendemasten und kleineren Antennen, die auf Dächer gestellt
werden. Für die großen Masten benötigen die Betreiber immer
eine Baugenehmigung.
Der Stadtplaner äußerte
sich auch zur Gesundheitsdebatte. Bisher referierte er, gibt es Grenzwerte
nur für die thermischen Auswirkungen der Funkstrahlen, also für
die Wärmewirkung auf den menschlichen Körper. Es sei bislang
aber noch nicht einmal gelungen, bei extrem starken elektrischen Feldern
wie zum Beispiel Hochspannungsleitungen einen stichfesten medizinischen
Nachweis über Gesundheitsbeeinträchtigungen zu führen.
Dem widersprach allerdings ein Bürger,
der von sich behauptete, durch die Strahlenfelder krank geworden zu sein.
Seine Frage: „Wer ist derjenige, der die Verantwortung trägt, wenn
die Leute krank werden?“, wurde während der Sitzung indes nicht beantwortet.
Dem Beirat konnte Thomas Lecke-Lopatta
jetzt noch nicht alle Anträge der Mobilfunk-Anbieter für deren
Sendenetze vorlegen. Rainer W. Buchholz (CDU): Wir haben keine Übersicht
darüber, welche Standorte in Vegesack geplant sind.“ Die Pläne
sollen allerdings bis spätestens Weihnachten eintrudeln. Dazu fehlen
auch technische Daten. Beiratssprecherin Anke Nerger (SPD): „Ich kann nicht
über etwas entscheiden, ehe ich nicht weiß, ob es gesundheitsschädlich
ist.“