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Prof.Dr. D.Leszczynski - Vergleichende Bewertung
von Interphone- und dänischer Kohortenstudie!


Es ist die Epidemiologie, das ist das Dumme!

Von Dariusz Leszczynski

Leicht gekürzte Übertragung eines Blog-Textes vom 26. 11. 2011 aus:

http://betweenrockandhardplace.wordpress.com


… [Der Autor kommt auf] den offensichtlichen Grund für das Verursachen des Durcheinanders unter den Handybenutzern und den Entscheidungsträgern über das mögliche Risiko strahlungsinduzierten Gehirnkrebses von Handys [, die Epidemiologie,] zu sprechen.

Tatsächlich sind die zwei größten Epidemiologie-Studien [die "INTERPHONE-Studie" und die "dänische Kohortenstudie"] nicht nur nicht-informativ, sie sind beide irreführend und eine von ihnen schließt solch ernste Fehler ein, dass diese Studie nie die Beurteilung einer "peer-group" der Rezensenten und der Herausgeber hätte passieren und nicht in der gegenwärtigen Form hätte veröffentlicht werden sollen.

Den Flüchtiglesern zur kurzen Erinnerung: Epidemiologie ist die Wissenschaft, die überprüft, was in der menschlichen Bevölkerung geschieht, wenn Agenzien ausgesetzt wurden, die die Gesundheit beeinflussen könnten oder nicht. So versucht die Epidemiologie festzustellen, was die "Wahrscheinlichkeit" ist, und ich betone das Wort "Wahrscheinlichkeit", dass das überprüfte Mittel die Ursache für Schäden an der menschlichen Gesundheit sein - oder nicht sein - kann.

Woran sich die Flüchtigleser (einschließlich Journalisten) nicht immer zu erinnern scheinen, sind die Beschränkungen der epidemiologischen Methode. Die Hauptschwierigkeit epidemiologischer Studien ist die Heterogenität der menschlichen Bevölkerung. Wir unterscheiden uns voneinander wegen unserer übernommenen Gene und wegen der Unterschiede unserer Lebensweisen in der jeweils umgebenden Umwelt. Das ist der Grund, warum Kenner der epidemischen Krankheiten nicht etwas "mit Gewissheit", sondern nur "die Wahrscheinlichkeit davon" feststellen können.

Trotz der Beschränkungen in der Welt des wissenschaftlichen Beweisens für gesundheitliche Auswirkungen bzw. Risiken, werden epidemiologische Studien als am bedeutendsten betrachtet und das größte Gewicht auf deren Risiko-bezogene Schlussfolgerungen gelegt. Deswegen beachten wir alle die meisten der Resultate epidemiologischer Studien und das ist der Grund, warum ich denke, dass es wichtig ist, für das flüchtig lesende Publikum die Mängel dieser Studien zu besprechen und zu erklären, dass "nicht alles Gold ist, was glänzt". Selbst wenn die Autoren versuchen, uns vom Gegenteil zu überzeugen.

Wegen der oben erwähnten Heterogenität der menschlichen Bevölkerung müssen die epidemiologischen Studien groß sein, wenn sie auch nur entfernt als "zuverlässig" gelten wollen und ausreichend Fälle für die statistische Auswertung haben. Das ist der Grund, warum die zwei größten Untersuchungen über Handystrahlung und Gehirnkrebs, die Fall-Kontroll-Studie INTERPHON und die "Kohorten-Studie aus Dänemark" (genannt "neuere dänische Kohorte"), viel Aufmerksamkeit in den Nachrichtenmedien, unter den Entscheidungsträgern und von der Industrie erfahren. Die Mängel der INTERPHON-Studie habe ich in meinem Wissenschafts-Blog mehrmals beschrieben, ich werde sie nicht wiederholen. Stattdessen zitiere ich einige Sätze des kritischen Kommentars zur INTERPHON-Studie von Professor Jørn Olsen, (ein weithin bekannter Kenner epidemischer Krankheiten,) die im Journal Bioelectromagnetics veröffentlicht sind:

"… Dieser Kommentar stellt die Weisheit bei der Wahl des Designs in Frage und spricht sich dafür aus, dass die Finanzquellen besser durch den Entwurf einer Large-scale-Kohorten-Studie verwendet werden könnten und sollten, die andere mögliche Endpunkte als Krebs ins Visier nimmt…"

"… Die Interphon-Studie hatte einen zweistelligen Etat in Millionen Euro, sogar ohne nationale Finanzierungsquellen einzuschließen. Dieses war eine große Fall-Kontroll-Studie mit 6420 Fällen und 7658 Kontrollen in der zuerst erschienenen kombinierten Studie. Die Finanzierung überstieg weit, was wir normalerweise von Fall-Kontroll-Studien ohne angebrachte teure Laboranalysen kennen…"

"… Die willkürlich verursachte Fehlklassifikation der Exposition war jedoch groß und führte zu Verknüpfungs-Assoziationen mit einem Trend zu wertlosen Aussagen…"

"… Die methodologischen Probleme waren kleiner als erwartet werden konnte, aber groß genug, die Schlussfolgerungen noch zu begrenzen, die vom ersten Teil der Interphon-Studie bezüglich der Glioma und meningiomalen Tumoren gezogen werden können…"

"… Wir können auch feststellen, dass die methodologischen Probleme schließlich groß genug waren, dass sich jede mögliche Zusammenfassung über ein erhöhtes oder verringertes Risiko verbietet…"

"… Das schlechtest-mögliche Szenario ist dasjenige, dass der Langzeit-Gebrauch von Handys Einfluss auf Gesundheitsrisiken hat, die Interphon-Studie trocknete aber auch die verfügbaren Fi-nanzierungsquellen dafür aus und bewirkte bei den Öffentlichkeits- und Finanzierungsagenturen, dass diese immun gegen die epidemiologischen Resultate wurden…"

So kann Summa summarum, die INTERPHON-Studie nach Ansicht des Professors Olsen keine Schätzungen hinsichtlich des Bestehens oder Nichtbestehens eines Krebsrisikos im menschlichen Gehirn zur Verfügung stellen, …

Ich bin zu ähnlichen Schlussfolgerungen in meinen früheren Blogtexten gekommen.

Jetzt lassen Sie uns die andere der größten Studien, das neue Update der "dänischen Kohorte" betrachten. Es ist die größte Studie, weil die Autoren mit der Bevölkerung von 723 421 registrierten Nutzungsverträgen in Dänemark der Jahre von 1982 - 1995 begannen. Jedoch ist ihre Information über die Exposition der Leute gegenüber der Handystrahlung sogar schlechter als bei INTER-PHON. Zur Erinnerung: die INTERFON-Leute wurden gefragt, wie viel sie ihr Telefon über den Zeitraum von bis zu 10 Jahren benutzten, was einen enormen Bias [= Verzerrung] einführte….

So waren die Expositionsinformationen bei INTERPHON in der Praxis nicht zuverlässig, wissenschaftlich gesehen "absolut nicht vorhanden".

Die "dänische Kohorte" ist noch schlechter. Die einzige Information, die die Wissenschaftler hatten, war, wie lange eine Person einen Handy-Nutzungsvertrag mit einem Provider besaß. Es gab keine Schätzung der Exposition, die selbst so armselig wie die Erinnerung aus dem Gedächtnis bei der INTERPHON-Studie gewesen wäre. Solche Art der Erfassung "von Expositionsdaten" in der "dänischen Kohorte" führt zu Paradoxa. So gehören in der "dänischen Kohorte" zwei Personen, von denen eine viele Stunden pro Woche telefonierte, die andere gerade einige Minuten pro Woche dafür aufwendete, zur gleichen Expositionsgruppe, wenn sie die Nutzungsverträge für die gleiche Zeitspanne besitzen. Das bedeutet, dass hochgradig Strahlenexponierte und fast nicht exponierte Personen in der gleichen Expositionsgruppe zusammengefasst wurden. Solche "Daten" können gewiss keine wissenschaftlich gültige Information liefern.

Obwohl die "dänische Kohortenstudie" mit über 700 000 Handyteilnehmern begann, verblieben nach einigen Ausschlüssen (siehe unten) nur noch 358 043 Teilnehmer für die statistischen Auswertungen, die in Tabellen 1, 2 und 3 im [veröffentlichten] Artikel dargestellt werden, auf gerade einigen oder wenigen 10 Fällen. Das bedeutet, dass die statistischen Resultate wegen der zu ge-ringen Anzahlen wertlos sind. ….

Bereits die zwei zuvor genannten Beispiele von Mängeln sollten ausreichen, um die Publikation der "dänischen Kohortenstudie" auszuschließen. Jedoch gibt es weitere Mängel. Es gibt einen großen und unverzeihlichen Fehler im Studien-Design. Solch ein Fehler sollte von Hochschulstudenten als Beispiel studiert werden, wie man Forschung nicht betreibt. Nämlich: Von der startenden Kohorte von 723 421 registrierten Handynutzern wurden alle "Unternehmensteilnehmer" (200 507 Teilnehmer) ausgeschlossen, weil die Information über sie ein "Unternehmensgeheimnis" war. So wurden die Leute, die höchstwahrscheinlich die stärksten Benutzer waren, von der Studie ausgeschlossen.

In den Jahren 1982 - 1995 war die Verwendung des Handys für Privatpersonen teuer. Aber dieses war nicht auf "Geschäftsleute" anwendbar, sie benutzten, wegen ihrer beruflichen Notwendigkeiten, weitgehend teure Handys. So wurde die am meisten exponierte Gruppe ausgeschlossen.

Ein Zitat aus dem Diskussions-Fragment der "dänischen Kohortenstudie":

"…, weil wir Unternehmens-Nutzungsverträge ausschlossen, sind Handybenutzer, die keinen Nutzungsvertrag auf ihren eigenen Namen haben, als nicht exponiert und damit falsch klassifiziert worden". … …..


Aber, halten Sie sich fest, das ist noch nicht alles, was mit der Kontrollprobe in der "dänischen Kohortenstudie" falsch ist. Jede Person, die einen Nutzungsvertrag erhielt, der nach dem Grenz-Jahr (1995) der Studie ausgestellt war, gilt durch die "Standards" der Studie als nicht exponiert. Was bedeutet das? Z.B. war eine Person, bei der 2007 Gehirnkrebs diagnostiziert wurde, der Nutzungsvertrag für das Handy aber von 1996 datierte, durch das Design der "dänischen Kohortenstudie" eine nicht exponierte Person, die Krebs bekam. Während sie in Wirklichkeit eine Person war, die 11 Jahre exponiert wurde und danach Krebs bekam.

Die Kontrollprobe der "dänischen Kohortenstudie" ist unglaublicher Abfall! … Es ist eine Mischung von nicht exponierten und exponierten Personen. Die "dänische Kohortenstudie" hätte nie veröffentlicht werden sollen, und da sie nun mal da ist, sollten die für die Publikation Verantwortlichen sich rechtfertigen und die Studie, mit Entschuldigungen, sofort zurücknehmen. …….

Was ist nun unser Problem mit der Handystrahlung und dem Gehirnkrebs? Was ist das Verwirrend, ein Durcheinander verursachend und zukünftige Forschung verhindernd, indem es Kapital abzieht und wertlose Resultate zur Verfügung stellt?

Es ist die Epidemiologie, das ist das Dumme!



Übertragung ins Deutsche und Textkürzung: K. D. Beck
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Siehe auch Diskussion/Kommentare
http://www.hese-project.org/Forum/allg/index.php?id=2876

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