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Hyperaktivität/ADHS: 1995-2000 Verzehnfachung der Tagesdosen an Ritalin

Quelle: dpa, http://de.news.yahoo.com/020314/3/2om6e.html, 14.03.2002

Hamburg (dpa) - Familien mit hyperaktiven «Zappelphilippen» haben meist per se ein aufreibendes Leben - vor einigen Tagen kam für viele von ihnen nun ein weiterer Schreck hinzu. Das Medikament Ritalin, das zahlreiche der so genannten ADHS-Kinder (Aufmerksamkeits-Defizit-und- Hyperaktivitäts-Syndrom) bekommen, könne möglicherweise im Erwachsenenalter einmal zu Parkinson führen, warnte ein Hirnforscher. Versuche an Ratten hätten entsprechende Hinweise erbracht, schrieb der Göttinger Neurobiologe Prof. Gerald Hüther im Magazin «Spiegel». Doch der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte warnt eindringlich vor vorschneller Panikmache.

Die Tests hätten nur wenige Tiere umfasst und damit keine wissenschaftliche Aussagekraft, sagte Verbandssprecherin und Kinderärztin Gunhild Kilian-Kornell der dpa. Schlussfolgerungen auf den Menschen seien auf dieser Basis nicht haltbar. Der Wirkstoff Methylphenidat werde zudem seit vielen Jahrzehnten eingesetzt - Hinweise auf ein verstärktes Auftreten von Parkinson gebe es nicht.

In der Kinder- und Jugendmedizin gibt es wenig so heiße Eisen wie das Thema Ritalin. Von den einen als Psychopille zum Ruhigstellen anstrengender Kinder verteufelt, gilt es den anderen als wirksamer Ausweg, um den ewig rastlosen Sprösslingen zumindest zeitweise zu besserer Konzentration und auch sozialer Kompetenz zu verhelfen.

Einig sind sich die meisten Kinderärzte und -psychotherapeuten darin, dass das Medikament nur nach genauer Diagnose und mit begleitender Therapie verschrieben werden sollte. Doch das ist den Verschreibungszahlen nach nicht der Fall: Von 1995 bis 2000 hat sie sich auf 13,5 Millionen Tagesdosen verzehnfacht. «Einige Ärzte haben leider oft eine rein medizinische Behandlungsweise. Nicht jedes auffällige Kind braucht Ritalin», sagte Prof. Gerd Lehmkuhl, Leiter der Kölner Uniklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie vor kurzem auf einer Fachtagung der Bundesärztekammer. Auch Kilian-Kornell betont: «Ritalin ist keine Wunderdroge, sondern Teil eines Behandlungskonzepts - und es soll nur als solcher angewandt werden.»

Vor möglicherweise noch unbekannten Folgen warnt hingegen Neurobiologe Hüther: «Wir mussten in den letzten Jahren lernen, dass die Behandlung von Kindern mit Medikamenten, die die Arbeitsweise des Gehirns verändern, auch die Ausreifung dieses Organs und damit die Ausbildung bestimmter Hirnstrukturen verändern kann», sagte der Experte der Uniklinik Göttingen der dpa.

Genau an diesem Punkt herrscht nämlich nach wie vor Konfusion: Denn es ist nicht eindeutig geklärt, wodurch ADHS ausgelöst wird. Mediziner gehen von einer Stoffwechselstörung im Vorderhirn aus, wo Informationen gefiltert und bewertet werden. Die gängige Meinung ist, dass ADHS-Kinder zu wenig des Botenstoffs Dopamin produzieren. Dies ist jedoch nur ein Rückschluss aus der Tatsache, dass das Dopamin- freisetzende Methylphenidat die Aufmerksamkeitsstörungen lindert.

Hüther hingegen geht davon aus, dass die Betroffenen von Geburt an ein stärker ausgebildetes dopaminerges System haben - sie seien von Anfang an wacher, neugieriger, leichter stimulierbar. Entscheidend ist nach diesem Modell, was die Kindern in ihren ersten Lebensjahren aus dieser Anlage machen können: Denn die Ausreifung des dopaminergen Systems, das nicht nur die Aufmerksamkeit steuert, sondern von der Großhirnbasis aus auch Bewegungen kontrolliert, wird durch neue Reize aktiviert. Damit ist ein sich selbst verstärkender Teufelskreis denkbar.

Frühzeitige Erziehungsmaßnahmen (sichere Bindungen, ruhiges Entwicklungsumfeld) würden damit umso wichtiger. Eine länger andauernde Drosselung dieses Systems durch Methylphenidat könnte aber seine Ausreifung unter Umständen dauerhaft verhindern, gibt Hüther zu bedenken. Dennoch rät auch er nicht, Ritalin sofort abzusetzen. Eltern sollten vielmehr mit dem Arzt das weitere Vorgehen besprechen.

Kilian-Kornell betont, dass die konsequente Zusammenarbeit von Eltern, Ärzten, Psychotherapeuten und Lehrern der Schlüssel für ein erfolgreiche Behandlung ist. «Man kann ADHS bislang nicht heilen, aber man kann lernen, damit zu leben.» Eltern, denen der Arzt kommentarlos ein Ritalin-Rezept in die Hand drücken wolle, sollten daher von selbst auf ein ganzheitliches Behandlungskonzept dringen. «Denn mit der Pille allein, ändert sich nichts.»

Link zu diesem Thema: http://www.ritalin-kritik.de

Kommentar der Elektrosmognews: Das Herumdoktorn mit zweifelhaften Produkten der Pharmaindustrie an den Symptomen scheint zumindest sehr riskant. Man sollte sich lieber um die Ursachen kümmern und dabei den Ausbau der Mobilfunknetze nicht außen vor lassen. Hyperaktivität, psychische Erkrankungen, Selbstmorde, Nervenstörungen sind statistisch enorm auf dem Vormarsch.

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