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Fürth: Sogenannte "Freiwillige Selbstverpflichtung" Makulatur

Quelle: Fürther Nachrichten, 24.01.2003

Die Mobilfunkanlage neben den Kindergärten strahlt bereits

Dambacher Präzedenzfall

Entscheidung über städtische Klage mit Spannung erwartet

FÜRTH — Die Fronten im Tauziehen um Mobilfunkstandorte haben sich verhärtet. Am Beispiel der Sendeanlage von O2 im Nahbereich dreier Dambacher Kindergärten ist ein Rechtsstreit im Gange, der bundesweit zum Präzedenzfall werden könnte.

Obwohl die Stadt beim Verwaltungsgericht Ansbach Widerspruch gegen den Standortbescheid eingelegt hatte und ein Eilverfahren gegen die von O2 erwirkte Erlaubnis zur sofortigen Vollziehbarkeit des Standortbescheides läuft, hat der Mobilfunkbetreiber seine umstrittene Sendeanlage in der Weiherhofer Straße am Mittwoch in Betrieb genommen.

Dass O2 die Entscheidung im angestrengten Eilverfahren nicht abwartet, ist für OB Thomas Jung ein klarer Affront. Für Thomas Lichtenberger, bei O2 in Nürnberg zuständig für den Bereich Mobilfunk und Umwelt, dient das kompromisslose Vorgehen der generellen Klärung. Von der mit Spannung erwarteten Entscheidung der Regulierungsbehörde werden allgemein die Chancen künftiger kommunaler Interventionen gegen umstrittene Standortentscheidungen abhängig ge-macht.

Eltern protestierten

Die Stadt Fürth trägt mit ihrem Einspruch gegen die Entscheidung der Regulierungsbehörde den Bedenken zahlreicher Eltern und des Bundes Naturschutz Rechnung, die gegen die Sendemasten Sturm gelaufen sind. Der Mobilfunkbetreiber steht dagegen auf dem Standpunkt, dass die Anlage rechtlich zulässig, genehmigt und gesundheitlich unbedenklich ist. Sie birgt nach Thomas Lichtenberger „keine Gefahr für irgendjemand“.

Der Fürther Rechtsreferent Christoph Maier ist in seiner Einschätzung etwas vorsichtiger. Seinen Widerspruch stützte er auf den Verdacht, dass die Auflagen der 26. Immissionsschutzverordnung — insbesondere was die noch nicht genügend erforschten Langzeitwirkungen der Mobilfunkstrahlung betrifft — nicht ausreichend sind. Außerdem sieht die Stadt im Betrieb der Sendeanlagen einen Verstoß gegen die freiwillige Selbstverpflichtung der Mobilfunkbetreiber, sensible Standorte zu meiden.

„Für uns ist das alles Neuland“, skizziert der Rechtsreferent seine Unsicherheit hinsichtlich des Ausgangs des Rechtsstreits. Auch die Regulierungsbehörde kann sich auf keine einschlägigen Erfahrungen stützen. Wie Thomas Lichtenberger betont, handelt es sich im Fall der Dambacher Sendemasten um die erste Anlage, gegen die eine deutsche Großstadt vorgeht. Die Einrichtung eines Runden Tisches mit Kritikern begrüßt der O2-Vertreter gleichwohl.

Hauptsache steht noch aus

Gestern erhielt das Fürther Rechtsreferat die Eingangsbestätigung des Widerspruchs aus Ansbach. Entschieden wird im Eilverfahren nur gegen den auf Antrag von O2 angeordneten Vollzug der Standortbescheinigung. Bekommt die Stadt Recht, wird automatisch die aufschiebende Wirkung des Fürther Widerspruchs gegen die Standortbescheinigung wieder in Kraft gesetzt. Das eigentliche Verfahren um die Rechtmäßigkeit der Standortbescheinigung steht noch aus.

Maßloses Entsetzen hat die Inbetriebnahme bei der Bürgerinitiative „Bürger fordern Strahlenschutz“ ausgelöst. „Viele Eltern wollen ihre Kinder aus den Kindergärten nehmen“, berichtet die Sprecherin der Initiative, Susanne Kresser. Deutlich erhöhte Strahlenwerte, die am Mittwochnachmittag am Karl-ReinmannKindergarten gemessen worden sind, schüren die Angst.

Die Bürgerinitiative erwägt eine Unterstützungsklage beim Verwaltungsgericht Ansbach und kündigt weitere Protestaktionen an. So soll am Freitag, 31. Januar, ein Fackelzug durch Dambach führen. Außerdem ist eine Plakataktion geplant.

VOLKER DITTMAR

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