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Löbau/Oberlausitz: Mieter gehen gegen Mobilfunksender auf Wohnblock vor

Quelle: Sächsische Zeitung, 16.07.2002

Gericht sägt am Funkmast

Oberverwaltungsgericht macht auch Bürgern in Löbau-Süd Hoffnung, die gegen Mobilfunkantennen rebellieren

Von Sebastian Beutler

Im Löbauer Neubaugebiet Süd wächst der Unmut unter Einwohnern über die Errichtung von drei Sendemasten für Mobilfunk. Der Fall ist nur der jüngste im Landkreis und regt die Diskussion über die Verträglichkeit der Masten erneut an.

Der Protest gegen die drei Masten in Löbau-Süd füllt vier Seiten mit Unterschriften. 166 Mieter in der Rosenstraße und Ahornallee unterstützen mit ihrem Namenszug die Forderung von Herbert Neumann: „Die Dinger müssen weg, die gehören nicht in ein Wohngebiet.“

Der Anlass für den Ärger sind drei Masten auf zwei benachbarten Neubaublöcken an der Rosenstraße, von denen bereits zwei vollkommen ausgerüstet sind. Die Gebäude gehören der „Wohnungsgenossenschaft in der Oberlausitz“, die gegen eine Miete den Anbietern von Mobilfunknetzen ihre Dächer zur Verfügung gestellt hat. Der Fall hat keinen Seltenheitswert mehr im Landkreis. Masten zieren die Kirche von Oderwitz, und in unmittelbarer Umgebung der Kindertagesstätte und der Grundschule in Hirschfelde steht mittlerweile auch eine Anlage, die die Anwohner beunruhigt.

Derweil glauben viele Anwohner in Löbau-Süd, Beschwerden auf die Strahlung der Masten zurückführen zu können. Die Symptome decken sich mit den Berichten von anderen Standorten solcher Mobilfunkmasten. Immer sind sie dieselben: Kopfschmerzen, Schlafstörungen, hoher Blutdruck, Übelkeit. Untersuchungen an der Universitätsklinik in Mainz haben Einflüsse auf die Schlaf- und Traumphasen des Menschen festgestellt. Und die Umweltkommission der Deutschen Akademie für Kinderheilkunde und Jugendmedizin kommt zu dem Schluss: „Für bestehende und künftige Mobilfunksendeanlagen sind alle technischen Möglichkeiten zu nutzen, um eine möglichst niedrige Zahl von Anrainern zu gewährleisten.“ Trotz aller Indizien: Eindeutig geklärt ist es nicht, ob Mobilfunkantennen und ihre Strahlen die Gesundheit gefährden.

Die Anbieter haben den öffentlichen Auftrag, das Netz flächendeckend aufzubauen. So nimmt die Zahl der Masten auch im Landkreis Löbau-Zittau stetig zu. Wo sie stehen und wie viele bereits errichtet wurden, weiß jedoch allein die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post in Bonn. Informationen über das Netz verweigert sie jedoch mit Hinweis auf Firmengeheimnisse. Kommunen haben allerdings die Möglichkeit über eine spezielle Datenbank an Details heranzukommen. Der Landkreis jedenfalls hat keine Übersicht. Die Masse der Masten ist zudem kleiner als zehn Meter und muss nach allgemeiner Rechtsauffassung deshalb nicht genehmigt werden. Das Oberverwaltungsgericht von Nordrhein-Westfalen in Münster sieht das anders. In einem Urteil heißt es dazu: „Wird auf dem Dach eines Wohngebäudes eine Mobilfunkanlage aufgebracht, handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung des Gebäudes zu gewerblichen Zwecken.“ Ohne Baugenehmigung, so die Richter, kann die Bauaufsichtsbehörde ein „sofort vollziehbares Nutzungsverbot“ erlassen. Für Löbau heißt das: Das Rathaus ist am Zuge.

Kurze Korrektur der Elektrosmognews: Die Anbieter haben NICHT den öffentlichen Auftrag, das Netz flächendeckend aufzubauen. Es gibt ein Recht auf Grundversorgung mit Telekommunikation (Festnetz). Was die UMTS-Lizenzen betrifft, so haben 6 Unternehmen in Deutschland Lizenzen käuflich erworben, die ihnen gestatten,  das UMTS-Netz aufzubauen. Als Bedingung haben sie dabei akzeptiert, in einem zeitlich vorgegebenen Rahmen eine jeweilige prozentuale Netzabdeckung zu erreichen. Schaffen sie das nicht, haben sie die Bedingungen der Lizenz nicht erfüllt und müssen die Lizenz wieder zurückgeben. Das ist freiwillig eingegangenes Unternehmerrisiko. Ausserdem entbindet die Lizenz die Unternehmen nicht von der Produkthaftung, d.h. sie müssen selbstverständlich Gesundheitsschäden für die Bevölkerung verhindern und anderenfalls für die verursachten Schäden haften. Es gibt keine Lizenz um jeden Preis, die Lizenzen entbinden die Unternehmen nicht von ihrer Pflicht, gesundheitsverträglichen Mobilfunk anzubieten.

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