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Kirche kündigt Mietvertrag mit Viag Interkom

Quelle: Dewezet/Landeszeitung, 20.04.2002

Rinteln (ur). Einen gewichtigen Beitrag zum innergemeindlichen Frieden leistete am Donnerstagabend der Kirchenvorstand von St. Nikolai: Auf Basis eines Gutachtens von Rechtsanwalt Wilhelm Krahn-Zembol aus Wendisch-Evern soll der Mobilfunk-Vertrag mit Viag Intercom aufgekündigt werden.

Etliche Gemeindeglieder werden erleichtert zum Gottesdienst gehen: Die Nikolaikirche bleibt ein Gotteshaus ohne Elektrosmog.

Damit bliebe der altehrwürdige Kirchturm von gewerblicher Nutzung verschont, und die Ängste von Anliegern und Kindergarteneltern wegen möglicher Gesundheitsgefahren durch Strahlen könnten zumindest für diesen Standort zu den Akten gelegt werden. (Den genauen Wortlaut der Erklärung des Kirchenvorstands lesen Sie im unten stehenden Artikel auf dieser Seite). Die Mitglieder der Bürgerinitiative reagierten erleichtert: „Wir fühlen uns durch diese Entscheidung mit unseren Bedenken ernst genommen und sehen die Weichen gestellt für eine konstruktive Zusammenarbeit.“ Positiv nahmen die Mobilfunkgegner auch auf, dass sie noch am Abend nach der Kirchenvorstandssitzung durch Superintendent Dr. Peter Neumann über den Ausgang informiert wurden: „Ein wichtiger Schritt, um die entstandenen Fronten zügig aufzuheben! Natürlich werden wir die Auflösungsgespräche gern durch aktive Teilnahme unterstützen.“ Für die bundesweite Bewegung gegen diese Nutzung von Kirchtürmen ist die Rintelner Entscheidung ein wichtiger Impuls, ermuntert es doch auch dort zu Aktionen, wo die zuständigen Gemeindevertretungen in der Sache schon entschieden hatten und sich erst danach Proteste artikulieren. Die Mobilfunkveranstalter hingegen müssen damit eine empfindliche Schlappe hinnehmen: Der Rintelner „Volksaufstand“ gegen Technologierisiken ist schließlich kein isolierter Einzelfall, sondern fügt sich ein in einen breiten Widerstand, der sich aus gesundheitlichen, religiösen und politischen Erwägungen speist. Mit der vorgezogenen Kündigung wäre das Thema allerdings noch nicht völlig vom Tisch: „Jetzt kommt es darauf an, dass der Rintelner Stadtrat die Entscheidung stützt und seine Bedenken entschieden vorträgt, damit nicht noch kostentreibende Tatsachen in der Zeit geschaffen werden, die bis zum Ablauf der außerordentlichen Kündigungsfrist bleibt“, mahnte bereits ein Ratsherr gegenüber unserer Zeitung an. Grundlage der Kündigung soll dem Vernehmen nach die im Gutachten ausgewiesene Möglichkeit nach dem Gesetz über Allgemeine Geschäftsbedingungen sein, wonach Musterverträge hinfällig sind, wenn eine Vertragsseite unangemessen schlechter gestellt wird: Diese Schlechterstellung sehen Juristen unter anderem darin, dass der Vertrag eine Kündigungsfrist von 20 Jahren für die Kirchengemeinde vorsieht, während Vertragspartner Viag Intercom jährlich kündigen kann.

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