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Entwarnungsstudien immer mit Vorsicht genießen

Berücksichtigte Quellen für diesen Artikel: dpa/IZMF/ARPS, 28.8.2002

Die aktuelle Meldung über die Wiederholung der Repacholi-Studie in Australien durch ein australisches Wissenschaftler-Team um Tammy Utteridge ist ein gutes Beispiel dafür, angebliche Entwarnungsstudien immer mit Vorsicht zu genießen und immer nachzuhaken und einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Utteridge soll die Repacholi-Studie wiederholt haben und bei dieser Wiederholung keinen Zusammenhang zwischen Handy-Strahlung und Krebs bei Mäusen gefunden haben. Repacholi hatte bei transgenen Mäusen 1997 hingegen einen deutlichen Zusammenhang zwischen einer erhöhten Krebsrate und Mikrowellenstrahlung, wie sie beispielsweise von Handys, DECT-Telefonen und Mobilfunksendern ausgeht, festgestellt.

Das Utteridge-Dokument ist momentan noch nicht verfügbar. Dennoch ist die Angelegenheit ein Paradebeispiel dafür, dass man bestimmte Meldungen nicht einfach als wahr akzeptieren sollte, sondern im Gegenteil ein Nachhaken immer angebracht ist. Das Internet bietet heute mit ein paar Mausklicks gute Möglichkeiten dazu.

Recherchen über Tammy Utteridge (Leitung der Studie), ergaben interessante Ergebnisse.

So ist Utteridge an der School of Electrical and Information Engineering (Schule für Elektro- und Informationsingenieurwesen) der Universität Südaustraliens tätig. Diese Schule rühmt sich auf ihrer Webseite fuer ihre exzellenten Verbindungen zur Industrie (http://www.unisa.edu.au/pes/intro/gen_info.htm#mission).

Außerdem ist Utteridge Mitglied in der ARPS, einer australasiatischen Strahlenschutz-Organisation mit Verbindungen zur ICNIRP und abstrusen Inhalten auf ihrer Webseite. Ein Blick dorthin lohnt (http://www.arps.org.au/), man findet dort Berichte wie:

http://www.arps.org.au/Dirty_Bombs.htm und

http://www.arps.org.au/Chernobyl.htm.

Beide Berichte verharmlosen die katastophalen Wirkungen freigesetzter radioaktiver Strahlung. In dem Tschernobyl-Bericht (mit dem Titel: "Der Tschernobyl-Mythos") behauptet man dort sogar, dass es in der Region nach der Katastrophe zu keinem Anstieg von Krebserkrankungen gekommen ist und auch nicht mehr Erkrankungen oder Todesfälle durch Krebs zu verzeichnen waren. Bei keiner Krebsart, außer bei 1800 Fällen von nicht-tödlichem Schilddrüsenkrebs bei Kindern sei es zu einem Anstieg der Fallzahlen oder der Sterblichkeit durch Krebs gekommen. Auch das Leukämie-Risiko sei nicht gestiegen, nicht einmal bei den am stärksten exponierten Arbeitern, die an den Aufräumarbeiten beteiligt waren.

Der Bericht leugnet Tausende von Krebstoten, die es seitdem in der Region gegeben hat. Die öffentliche Gesundheit sei durch den Reaktorunfall in der Region nicht ernsthaft beeinträchtigt worden.

Solche Berichte untermauern auf eindrucksvolle Weise die Verbindungen der ARPS zur Atomlobby. Die katastrophalen Folgen des Supergaus von Tschernobyl sind weltweit bekannt und bestens dokumentiert.

Die "Unabhängigkeit" solcher "Forscher" wie Utteridge steht damit natürlich außer Frage.

Das IZMF (Informationszentrum Mobilfunk, Lobbyverein der deutschen Mobilfunkbetreiber) bewertet die Ergebnisse dieser Studie so:

"Mit der nun vorliegenden unabhängigen Wiederholungsstudie (Utteridge et al., 2002, Radiation Research. Vol 158, Seiten 357-364) konnte der Befund nicht reproduziert werden."

Welch überraschendes Ergebnis.

Industrieforschung sollte zukünftig im gesamtgesellschaftlichen Interesse konsequent abgelehnt werden, ebenso Verschleierungsmaßnahmen wie die "Nur-Finanzierung" bestimmter Forschungsinstitute durch die Industrie oder das Dazwischenschalten von Einrichtungen, das nur dem Ziel dient, Auftraggeber und Ziel der Studie zu verbergen. Zielführend sind nur wirklich unabhängige Arbeiten.

Erwähnenswert ist auch noch die Fehlinterpretation der Studie von Hardell und Mill, die im August im European Journal of Cancer Prevention veröffentlicht wurde. Hardell fand dabei einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der Nutzung analoger Mobiltelefone und bestimmter Gehirntumore, verbunden mit der Kopfseite, auf der telefoniert wurde. Nach 10 Jahren Handynutzung erkrankten 80 % mehr Menschen an einem Gehirntumor auf der Telefonierseite. Für digitale Handys wurde in dieser Studie kein Zusammenhang gefunden, was die Industrie dazu brachte, Entwarnung für digitale Handys zu geben. Sie verschwieg dabei jedoch, dass die Nutzungszeiträume für digitale Handys auf breiter Basis jedoch noch viel zu kurz sind, um hierfür eine Aussage zu treffen. Hardell hatte dies in der Studie erwähnt.

Das ist ungefähr so, als ob ein Kettenraucher 3 Jahre lang jeden Tag 3 Schachteln Zigaretten raucht und nach Ablauf der 3 Jahre sagt: "Seht Ihr, Rauchen verursacht keinen Lungenkrebs". Wie es einige Jahre später aussieht, ist mittlerweile hinlänglich bekannt.

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